Botanische Exkursion des NVBDN in die Reinacherheide am 14. August 2005 mit Margrit Jermann, Dittingen

 

Die Exkursion in die Reinacher Heide zeigte wieder ein Mal, wie viel Reichhaltigkeit , Schönheit und auch Bizarres an Anpassungsform die Natur in Reserve hat, trotz teilweiser Zerstörung durch den Menschen. Zwar sind Heidelerche und andere Bodenbrüter wegen zu viel Störung verschwunden. Pirol und Kuckuck kommen auch nicht mehr zurück im Frühjahr.

Wahrscheinlich weil die Verinselung des Naturschutzgebietes, eingeklemmt zwischen Autobahn und Birs, zu wenig Kontakt-möglichkeiten mit Artgenossen zur Folge hat. Wir wanderten durch Blumenteppiche mit verschiedenen Farbtönen. Mit Pflege-massnahmen werden verschiedene Lebensräume künstlich geschaffen. Sei es mit Umgraben für die traditionelle Ackerbegleitflora - hier in dieser Jahreszeit überwog das Blau der Vogelwicke - oder sei es mit mit Abschürfung durch den Bagger, um Rohboden für die Ruderalflora zu schaffen - hier überwog eher Weiss und Gelb von Steinklee, Berufskraut, Leinkraut, Königskerze, gelbem Ziest, aber auch mit Blau dazwischen von Natterkopf, Skabiose und Flockenblume. Typische Trockenrasenpflanzen waren der Thymian mit seinem würzigen Duft, die Kugelblume (welche nach dem Verwelken zur Samenverbreitung noch in die Höhe wächst), die rundblättrige Glockenblume, die Golddistel und als vom Aussterben bedrohte Rarität der gekielte Lauch, ein Liliengewächs.

Orchideen dürfen nicht fehlen an einer botanischen Exkursion: Wir sehen die braunrote Stendelwurz im lichten Wald. Disteln und Kletten waren zwar Allerweltspflanzen, aber wertvolle Samenfutterspender für den prächtigen Distelfink. Mit regelmässigen Fällaktionen wird die Überwaldung verhindert. Die Heide ist jedoch durchzogen von Hecken und Kleingehölzen, wo wir dem Kreuzdorn und dem Steinsamen besondere Beachtung schenkten (ausnahmsweise mal Namen, die man sich merken kann, da diese Pflanzen heissen wie sie aussehen). Der Höhepunkt bildete der Feldmannstreu (steckt wohl ein mittelalterlicher Aberglaube hinter diesem Namen?), für welchen wir bei beginnendem Regen eine Extraschlaufe einschalteten: an sich ein unscheinbares, etwas blasses, farbloses, distelartiges Doldengewächs, gerade gut genug als Eselsfutter, aber mit bis zu 9 m in die Tiefe reichenden Wurzeln, um in Trockengebieten das Grundwasser zu erreichen (!) - ich dachte bis jetzt, die 4 m lange Wurzeln der Maispflanze der Hopi-Indianer, welche diese in Furchen in die Wüste pflanzen, um zum Grundwasser zu gelangen, seien der Weltrekord. Aber wozu braucht eine Pflanze die Anpassung an einen Extremtrockenstandort im ehemaligen Überschwemmungs-gebiet der Birs ? Als die Birs noch vor der Korrektur im 19. Jahrhundert natürlich fliessen und viel mehr Platz brauchen durfte, wurden immer wieder Kiesberge von Hochwasser angeschwemmt, welche mitten in der Auenlandschaft mit Flussarmen und Totwassern einen Extremtrockenstandort darstellten. Zum Überleben in dieser Steinwüste brauchte es 9 m lange Wurzeln für ein 20 bis 50 cm hohes Krautpflänzchen. In einer natürlichen Flusslandschaft finden sich auf engem Raum kleinflächig fast sämtliche Lebensräume eines Landes, und dies ist es, was das Naturschutzgebiet Reinacherheide so wertvoll macht, und was mit Pflegemassnahmen als Ersatz für die natürliche Dynamik des Flusses zu erhalten versucht. Auf diese Weise ist auch der Name "Heide" zu verstehen, welcher uns eher ein sehr trockenes Gebiet suggeriert, trotz der Nähe zur Birs. Die Trockenrasen der Heide sind die naturschützerisch wertvollsten Lebensräume des Gebietes. Der Feldmannstreu als Charakterart des Extremtrockenstandortes, kommt nur noch an 2 anderen Standorten in der Schweiz vor, am Jurasüdfuss (GE und VD). Nachdem wir noch das Bartgras (mit "Fingern" ähnlich die Fingerhirse) besichtigt hatten, führte uns der Rückweg durch die urwaldartige Ufervegetation mit Kletterpartien über umgestürzte Weiden zurück zum Ausgangspunkt der Exkursion, dem Bahnhof Dornach.

Traurig, dass ein Teil der Bevölkerung den Wert der Reinacher Heide nicht zu erkennen vermag und deshalb nicht motiviert ist, sich an den Hundeleinenzwang zu halten. Auch wird die Reinacherheide immer wieder für Gelage mithinterlassenem Kehricht und überhaupt als Kehrichtdeponie missbraucht. Hoffen wir, dass die jetzige Artenvielfalt erhalten bleibt.

gekielter Lauch
Gekielter Lauch

feldmannstreu

Feldmannstreu

Bericht: Magdalena Franc, Brislach
Fotos: Patrick Meury

   
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