1. Portrait der Wespenspinne Die Wespenspinne ist eine der attraktivsten einheimischen Spinnen. Mit bis zu 2cm Körperlänge (Weibchen, Männchen werden nur ca. 5mm gross!) und den wunderbaren Radnetzen in der Vegetation gehören sie auch zu den wenigen der über 1.000 einheimischen Spinnen, welche überhaupt wahrgenommen werden. Aus diesem Grund hat die Arachnologische Gesellschaft e.V. für das Jahr 2001 diese Spinnen als "Spinne des Jahres" ausgerufen. Es geht bei dieser Wahl nicht um den Schutz einer seltenen Art, sondern darum die Spinnen und ihre Stellung in der Natur, bei der Bevölkerung zu festigen. Sie ist durch zwei Merkmale leicht zu erkennen: zum einen trägt sie auf dem Hinterleib Querstreifen aus gelben, weißen und schwarzen Linien, was ihr den deutschen Namen Wespenspinne einbrachte. Ein zweites Merkmal findet sich im Netz der Spinne: ein weißes Zickzackband aus eng beieinander gewobenen Fäden verläuft senkrecht durch das Radnetz der Wespenspinne. |
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Die Wespenspinne sitzt kopfunter in der Netzmitte. Ein auffälliges Zickzackmuster aus weisser Spinnseide zieht sich von unten nach oben durchs Netz. Bild Johannes Spaar |
Die Wespenspinne war früher bei uns relativ selten. Seit ca. 30 Jahren werden sie über ganz Europa von Südwesten her immer häufiger festgestellt. Die Ursache für diese Ausbreitung ist nicht bekannt. Die Wespenspinne liebt wärmebegünstigte Standorte mit einer strukturreichen Vegetationsschicht. Im Gegensatz zu der sehr häufigen Kreuzspinne, die ihre Netze gerne auch in Fensternischen baut, errichtet die Wespenspinne ihre Radnetze meist in Bodennähe. Wichtig ist dabei, dass der Lebensraum (Brachen, Wildwiesen) wenig gestört wird und dass die Vegetation langfristig stehen bleibt, denn sonst werden die Netze zu häufig zerstört. Die Spinne kann ihr Netz zwar jederzeit erneuern (Netzbau findet meist in den Dämmerungsstunden statt), wandert aber aus dem betreffenden Lebensraum ab, wenn das zu häufig nötig ist. Das Netz der Wespenspinne unterscheidet sich vom Netz der Kreuzspinne vor allem dadurch, dass hier oberhalb und unterhalb der Netzmitte (Nabe) ein dichtes Zickzackgeflecht eingebaut wird.
Radnetze sind wahre Kunstwerke der Natur. Die Spinnseiden, die dabei zum Einsatz kommen, sind allesamt Eiweissprodukte. Ihre technischen Eigenschaften (Festigkeit wie Glas bei gleichzeitiger Elastizität wie Nylon) faszinieren auch Ingenieure immer wieder. Diese elastische Reissfestigkeit ist nötig, denn die Netze sollen auch grosse Insekten in ihrem Flug abfangen können ohne zu zerreissen. Es kommen verschiedene Seidentypen mit unterschiedlichen Eigenschaften zum Einsatz: Die Rahmenfäden sind besonders reissfest, während die Fangspirale mit Leimtropfen besetzt ist und beim Einwickeln der Beute kommen richtige Seidenbänder zum Einsatz.
In einem optimalen Lebensraum (z.B. Halbtrockenrasen) kommen die Wespenspinnen in grosser Dichte vor. Eine Untersuchung in Deutschland (nahe Jena) hat ergeben, dass alleine die Wespenspinnen pro Hektare Wiese rund 4,5 Mio Arthropoden pro Jahr vertilgen, was rund 80 kg Frischmasse entspricht. Hauptbeutetiere sind dabei Heuschrecken und Hautflügler. Wespenspinnen und Spinnen allgemein haben mit diesen enormen Vertilgungsraten in einem natürlichen System eine überaus grosse Bedeutung bei der Limitierung der Populationsdichten von Insekten.
Spinnen legen ihre Eier in Kokons ab, welche je nach Art ganz unterschiedlich aussehen und unterschiedlich betreut werden. Wolfspinnen z.B. tragen die Kokons und später auch die Jungtiere mit sich herum und fangen auch für die Jungtiere Beute. Die Wespenspinne kann mehrere Kokons produzieren, welche sie dann in der Vegetation rund um das Netz aufhängt und einige Zeit bewacht. Später wird der gut geschützte und getarnte Kokon sich selbst überlassen. Die Jungspinnen schlüpfen erst im nächsten Frühjahr, wenn das Muttertier schon lange gestorben ist.
Weitere Informationen über die Lebensweise und Besonderheiten zur Wespenspinne sind auf der Homepage der Arachnologischen Gesellschaft e.V. (www.arages.de) zu finden. Dort wird demnächst auch eine aktuelle Verbreitungskarte der Wespenspinne für das Bundesgebiet zu sehen sein. Zu diesem Zweck ruft die Arachnologische Gesellschaft e.V. dazu auf, unpublizierte Funde zu melden, um ein genaues Bild über die Verbreitung der Spinne zu erhalten.
2. Spinnseide ist nicht einfach Spinnseide!
Die Spinnseide der Spinnen ist ein ausgesprochen faszinierender Werkstoff. Seine Zugfestigkeit ist in etwa mit jener von Glas zu vergleichen, jedoch bei einer ausgesprochen grossen Elastizität (etwa wie Nylon). Diese Kombination von Festigkeit und Elsatizität ist einmalig und bis heute technisch nicht erreicht. Wenn im Gegensatz zur Naturseide der Seidenraupen die Spinneseide der Spinnen nicht industriell genutzt wird, so hängt das damit zusammen, dass die Produktion nicht so einfach möglich ist: Spinnen sind Räuber - für eine Zucht müssten also zusätzlich noch Beutetiere gezüchtet werden - und Spinnen liefern nicht so schön abwickelbare Einzelfäden, wie dies die Seidenspinnerraupen tun.
Allerdings ist Spinnseide auch nicht einfach gleich Spinnseide, sondern es gibt je nach Verwendungszweck unterschiedliche Seiden mit unterschiedlichen Eigenschaften. Am schönsten lässt sich dies beim Kokonbau der Wespenspinne zeigen:
1. Das trächtige Weibchen mit prall gefülltem Hinterleib beginnt den Kokonbau. Ein Boden aus weisse, zäher Seide wird in die Vegetation gehängt. | 2. Mit einem anderen Seidentyp (braun) werden seitliche Wände gebaut. Ein nach unten offener "Becher" entsteht. |
3. Von unten wird ein gelblicher Eiballen |
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4. Braune, weiche Spinnseide wird um den "Becher" und die Eier gesponnen - eine Polster- und Isolationswatte | 5. Die Eier müssen vor Nässe geschützt werden. Ein pergamentartige, weisse Schicht Seide hilft hierbei. | 6) Die weisse Schicht fällt zu fest auf, Räuber wie Vögle z.B. würden den Kokon zu leicht entdecken. Mit verschieden-farbigen Spinnseiden wird der Kokon getarnt. Viele lose gespannte Fäden hindern zudem Parasiten vor dem Zutritt zum wertvollen Gelege. Der Hinterkörper der Spinne ist nach dem Kokonbau stark geschrumpft (Eier und viel Seide abgegeben). |
In der halb vertrockneten Vegetation im Herbst und Winter sind die vielen Kokons gut getarnt.
Bildnachweis
Jakob Walter, Neuhausen (Kokonbau)
Johannes Spaar, Nunningen (erstes Bild)
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Abt. Biowissenschaften
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