Spinne des Jahres 2004

 Proklamation durch die Arachnologische Gesellschaft e.V. (AraGes) am 09.01.2004 www.arages.de


Bild rechts
Zur Feindvermeidung können Spinnen die Beine abwerfen - so hat auch dieses Männchen durch opfern eines Beines das Zupicken eines Vogels überlebt .
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© Foto Jakob Walter

Grüne Huschspinne - Micrommata virescens (Clerck 1757)

Die Grüne Huschspinne wurde von der Arachnologischen Gesellschaft (Vereinigung zentraleuropäischer SpinnenforscherInnen) zur Spinne des Jahres 2004 gewählt. Spinnen haben im Allgemeinen ein sehr schlechtes Image als hässliche, giftige Tiere. Mit der Grünen Huschspinne, einer ausgesprochen schönen, kräftig grün (Weibchen) oder grün-gelb-rot (Männchen) gefärbten Spinne wollen die Spinnenforscherinnen und -forscher zeigen, dass dieses Image der Hässlichkeit keineswegs stimmt.

Besonders reizvoll ist die Grüne Huschspinne für Spinneninteressierte aufgrund ihrer prächtigen Färbung. Vorderkörper und Beine sind bei Männchen und Weibchen einheitlich leuchtend grasgrün. Der Hinterkörper der Tiere ist ein hervorragendes Unterscheidungsmerkmal für beide Geschlechter. Das Weibchen besitzt auf seinem grünen Hinterleib einen gelblich abgesetzten grünen Spießfleck. Das Männchen dagegen ist gekennzeichnet durch einen leuchtend roten Längsstreifen, der beiderseits eingefasst ist von gelben Streifen. Die Seiten des Hinterleibs sind wiederum in prachtvollem Rot gefärbt. Die typischen Farben und Merkmale der Grünen Huschspinne stellen sich erst nach der letzten Häutung, der sogenannten Reifehäutung, ein. Die Jungtiere besitzen eine große Farbvariabilität. Zu beobachten sind grünliche oder bräunliche Tiere, die mit dunkleren Punkten versehen sind und so häufig dem Untergrund farblich gleichen und somit gut getarnt sind. Ein weiteres Unterscheidungskriterium ist die Körperlänge, die bei Weibchen 12-15 mm und bei Männchen 7-10 mm beträgt. Ausgewachsene Tiere findet man von Ende April bis Juni, Weibchen zum Teil auch länger bis Ende Juli. Die Tiere überwintern als spätes Jugendstadium, die letzte Häutung (Reifehäutung) mit dem Farbwechsel findet erst im Frühjahr statt.

Man könnte meinen, ein so auffällig gefärbtes Tier müsse leicht im Gelände zu entdecken sein. Doch in ihrem natürlichen Umfeld lässt ausgerechnet diese Färbung das Tier beinahe unsichtbar werden. In den unteren Bereichen von besonnten Gebüschen oder im Gräsergewirr feuchter Wiesen wird sie Eins mit den Farben und Strukturen ihrer Umgebung. Dadurch kann sie sich nicht nur vor Feinden, wie etwa Vögeln, schützen.

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Grüne Huschspinne (Micrommata virescens) Männchen
© Foto Jakob Walter
 
Grüne Huschspinne (Micrommata virescens) Weibchen auf Brombeerblatt, © Foto Albert Krebs

Das Paarungsverhalten der männlichen Tiere ist vorwiegend im April und im Mai zu beobachten. Das Männchen läuft im Zickzack umher, um sich nach kurzer Zeit auf die Hinterbeine zu stellen und tänzelnd, um die eigene Achse kreisend, die Umgebung abzutasten. Dieses Ritual wird wiederholt, bis es auf ein Weibchen stößt. Augenblicklich beklopft das Männchen mit den Vorderbeinen den Rücken des weiblichen Tieres. Lässt es das Weibchen zu, beginnt nun die mehrere Stunden dauernde Paarung.
Nach einiger Zeit baut das Weibchen eine geräumige Eikammer aus zusammengesponnenen Blättern, in die es ihre grünen Eier legt. Die Eikammer wird bis zum Schlupf der Jungspinnen bewacht. Auch in den ersten Jugendphasen begleitet das Muttertier noch ihre Jungen.

Die Grüne Huschspinne zählt zu den Riesenkrabbenspinnen (Sparassidae). Sie ist die einzige bei uns vorkommende freilebende Art dieser sonst vorwiegend in den Tropen und Subtropen verbreiteten Familie. Im Mittelmeerraum gibt es eine weitere Art, die Mittelmeer-Huschspinne M. ligurinum. Eine Ausnahme ist die in Gewächshäusern verbreitete Heteropoda venatoria (die sogenannte "Bananenspinne"), die zur selben Familie gehört.

Die Grüne Huschspinne ist in der Schweiz ausser in der alpinen Stufe überall anzutreffen, wobei wärmere Lagen klar bevorzugt werden. Dementsprechend nimmt ihre Häufigkeit innerhalb Europas gegen den Norden hin deutlich ab. Sie ist tagaktiv und besonders wärme- und sonnenliebend. Anzutreffen ist diese Art vorwiegend auf extensiv oder nicht bewirtschafteten Feuchtwiesen, in Lichtungen von Laubwäldern und an sonnigen Waldrändern. Sie lebt am Boden, klettert aber auch gerne auf Gräsern und Kräutern herum.

Wie bei vielen Tier- und Pflanzenarten in Deutschland geht ihre Bedrohung von dem verschwinden geeigneter Lebensräume aus. Vor allem Brachen und Randstreifen sind wichtige Habitate, die von der Grünen Huschspinne besiedelt werden.

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© Foto Jakob Walter



Zur Feindvermeidung können Spinnen die Beine abwerfen - so hat auch dieses Männchen durch opfern eines Beines das Zupicken eines Vogels überlebt


Das Autorenteam
Arachnologische Gesellschaft (Martin Kreuels, Peter Jäger und Ambros Hänggi).

Kontaktadresse:
Ambros Hänggi
Naturhistorisches Museum Basel
Abt. Biowissenschaften
Augustinergasse 2
4001 Basel
Tel. 061 266 55 11
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http://www.nmb.bs.ch


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